Wenn eine Vision Wirklichkeit wird

Wenn eine Vision Wirklichkeit wird

19.11.2025

Meike Lüder-Zinke und der Weg des Rollstuhlhandballs in Deutschland

Vom ersten Wurf bis zum internationalen Durchbruch: Wie Dr. Meike Lüder-Zinke den Rollstuhlhandball in Deutschland neu erfand

Hannover, November 2025 – Es gibt Geschichten im Sport, die weit über Ergebnisse und Tore hinausgehen. Die Geschichte von Dr. Meike Lüder-Zinke beginnt nicht in einer großen Halle, nicht bei einem Turnier und nicht mit einem Meistertitel – sondern mit einer kleinen blauen Sportfläche am Maschsee in Hannover.

2014: Der Moment, der alles veränderte

Alles beginnt im Jahr 2014. Was zunächst ein Spiel aus purer Neugier war, wirkt heute wie der Ausgangspunkt einer Bewegung: Rollstuhlhandball auf einer kleinen, blauen Spielfläche unter freiem Himmel am Vereinscenter des Maschsees. Der Ball landete häufig im Wasser, Spieler*innen lachten, probierten, scheiterten – und versuchten es wieder. Aus diesem Spiel, das so oft vom Wasser unterbrochen wurde, entstand ein Gedanke, der Meike Lüder-Zinke nicht mehr losließ: Warum sollte Rollstuhlhandball nicht eine echte Sportart in Deutschland sein? Mit Ligen. Mit Struktur. Mit Vision. Für Jeden.

Von der Idee zur Organisation

Zwei Jahre später, 2016, wird aus dem Gedanken ein Plan – und aus dem Plan eine Initiative:
Dr. Meike Lüder-Zinke wendet sich an den Deutschen Rollstuhl-Sportverband (DRS) und gründet die Arbeitsgemeinschaft Rollstuhlhandball. Die kleine Trainingsgruppe der RSG Hannover wird zur inklusiven Mannschaft „RSG Blue Bandits“. Erstmals entsteht eine Struktur, die zeigt: Rollstuhlhandball kann ernsthafter Sport sein. 2018 nimmt die Entwicklung Fahrt auf. Die Aufmerksamkeit wächst. Spieler*innen, Medien, Vereine – immer mehr Menschen interessieren sich für die dynamische, inklusive Sportart. Aus der Arbeitsgemeinschaft wird der Fachbereich Rollstuhlhandball beim DRS mit dem offiziellen Auftrag, Rollstuhlhandball in Deutschland zu etablieren. Dieser Schritt ist der Wendepunkt: Zum ersten Mal wird der Aufbau eines nationalen Spielbetriebs möglich.

Aufbauarbeit im Alleingang – in einem weißen Feld

2019 bis 2021 sind Jahre des Aufbaus: die ersten Turniere, die ersten deutschen Teams, eine erste eigene Webpräsenz und die ersten Kontakte zu europäischen Vereinen und Verbänden. Deutschland spielt international noch keine Rolle. Strukturen? Fehlanzeige. Aber Meike Lüder-Zinke baut weiter auf – Schritt für Schritt, immer ehrenamtlich, fast immer gegen den Widerstand eines Systems, das Rollstuhlhandball nicht kannte. 2020 verabschiedet der Fachbereich das erste offizielle deutsche Regelwerk. 2021 findet in Hannover die erste deutsch-holländische Rollstuhlhandball-Meisterschaft statt. Und danach beginnt der Aufbau einer Bundesliga, von dem viele nicht glaubten, dass er je gelingen würde.

2024/25: Deutschland spielt – die erste Bundesliga startet

Im Oktober 2024 ist es soweit: Die Rollstuhlhandball-Bundesliga RHBL startet – der erste geregelte Ligabetrieb Deutschlands, anerkannt vom DHB und der European Handball Federation. Fünf Turniere, fünf Teams, viele neue Zuschauer, wachsende Aufmerksamkeit – und ein klarer Beweis: Rollstuhlhandball ist in Deutschland angekommen. Doch für internationale Wettbewerbe fehlt etwas Entscheidendes: eine nationale Klassifizierung, die Athlet*innen die offizielle Teilnahme an europäischen Turnieren ermöglicht.

2025: Der internationale Durchbruch?

Und genau hier setzt der nächste, entscheidende Schritt an: Die EHF lädt Dr. Meike Lüder-Zinke als erste Vertreterin Deutschlands zum offiziellen Rollstuhlhandball-Klassifizierer-Kurs ein – ein Kurs, der pro Land nur einmal besetzt wird. Dieser Kurs findet vom 24.–30. November 2025 im Rahmen der EHF European Wheelchair Handball Championship in Vilnius/Litauen statt. Der Zweck der Klassifizierung besteht darin, Spieler*innen mit einer anerkannten Behinderung die Teilnahme am Leistungssport im Behindertensport zu ermöglichen und ihnen einen Weg zu sportlichen Höchstleistungen zu ebnen. Die Klassifizierung schafft einen einzigartigen Rahmen, der faire und aussagekräftige Wettkämpfe fördert, indem sie die Auswirkungen der Behinderung eines Spielers auf das Ergebnis von Rollstuhlhandballwettkämpfen minimiert, sodass das Ergebnis von anderen Faktoren als der Behinderung bestimmt wird. Nach erfolgreicher Zertifizierung wird Deutschland erstmals:

  • eigene Athlet*innen nach internationalen Standards national klassifizieren können,
  • damit den Weg für EM- und WM-Teilnahmen freimachen,
  • und ein entscheidendes Puzzleteil für die langfristige Professionalisierung im Rollstuhlhandball schließen.

Ein Meilenstein – persönlich und für Deutschland

„Diese Einladung erfüllt mich mit Freude, Dankbarkeit und tiefem Respekt“, sagt Frau Dr. Meike Lüder-Zinke. „Für mich ist das ein persönlicher Höhepunkt – aber vor allem ist es der Schritt, der Deutschlands Rolle im internationalen Rollstuhlhandball neu definiert. Endlich können wir selbst Athlet*innen für europäische Wettbewerbe vorbereiten. Damit wird ein Traum greifbar, für den wir viele Jahre gearbeitet haben.“

Ausblick: Deutschland ist bereit

Die Vision endet hier nicht. Mit der Bundesliga, einem nationalen Klassifizierungssystem und der wachsenden Zahl von Teams und Spieler*innen ist Deutschland so gut aufgestellt wie nie zuvor. Ab 2026 möchte der Fachbereich den nächsten Schritt gehen: den Auf- und Ausbau einer Nationalmannschaft, internationale Testmatches – und langfristig die Teilnahme an einer EM oder WM.

Ein Weg, der Mut macht

Was mit einer Vision begann, ist heute ein bundesweiter Ligabetrieb – und Deutschlands offizielle Tür zur internationalen Bühne.

Rollstuhlhandball ist nicht nur eine Sportart. Es ist eine Bewegung. Und diese Bewegung hat gerade erst begonnen. „Als ich 2014 mit Spielerinnen am Maschsee stand und wir den Ball zum zehnten Mal aus dem Wasser fischen mussten, hätte ich nie gedacht, wohin uns dieser Weg führt“, sagt Dr. Meike Lüder-Zinke. „Heute stehen wir kurz davor, internationale Athletinnen selbst zu klassifizieren und Deutschland auf europäischer Bühne zu vertreten. Das erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit.“

Ein Weg, der weiterschreibt

Deutschland steht nun an der Schwelle zur nächsten Entwicklungsphase:
Eine Bundesliga, internationale Testspiele, EM-Tauglichkeit – und die Bundesliga RHBL 2026, die weiterwächst. Was mit einem kleinen Spielfeld am Maschsee begann, ist heute eine Bewegung. Eine Bewegung, die Inklusion lebt, Sport neu denkt – und deren Geschichte jetzt erst richtig anfängt.

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